22.11.2024
Ökologisierung des Güterverkehrs und drohendes Baustellenchaos stellen Logistikstandort vor große Herausforderungen
Forderung an die kommende Regierung nach mehr Koordination.
Die Ökologisierung des Güterverkehrs und das mangels Koordination bevorstehende Baustellenchaos in großen Teilen Österreichs waren die dominierenden Themen der Generalversammlung 2024 des Zentralverbands Spedition & Logistik. Die Branchenvertreter formulierten erneut ihre Forderungen an eine künftige Bundesregierung: die Sicherung des Logistikstandorts durch eine zeitgemäße Anpassung der regulatorischen Rahmenbedingungen, ein abgestimmtes Konzept für die Dekarbonisierung des Güterverkehrs, ernsthafte Anstrengungen zum multimodalen Ausbau der transeuropäischen Netze sowie eine zukunftsgerichtete Raumordnung und Flächenwidmung. Zentralverband-Präsident Alexander Friesz: „Die Frage ist, wie der Logistik-Standort angesichts der aktuellen Szenarien die Versorgungssicherheit von Wirtschaft und Bevölkerung gewährleisten kann. Die neue Regierung braucht ein Bewusstsein für die kurzfristigen Infrastruktur- und kurz- wie langfristigen Ökologisierungsprobleme. Und dann muss sie bereit sein, diese auch gemeinsam zu lösen.“
Einhellig bestärkt wurde auch die Forderung an die Politik nach einer Wiedereinrichtung einer permanenten zentralen Koordinationsschnittstelle zwischen allen Logistikverantwortlichen für alle zentralen Themen des Logistikstandorts. Nur so könne dessen Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gesichert werden.
Als Keynote-Speaker der Veranstaltung im Headquarter der Österreichischen Post präsentierte Univ. Prof. Dr. Sebastian Kummer von der WU Wien die Schlussfolgerung aus seiner Studie „Dekarbonisierung und Modal Split im Güterverkehr“: Kummer warnte: „Die weiterhin steigende Gesamtgüterverkehrsleistung bei zugleich wachsendem Modal-Split-Anteil der Straße gegenüber der Schiene müssten bei der Politik die Alarmglocken schrillen lassen. Ein klimaneutraler Güterverkehr in Österreich wird nur noch möglich sein, wenn umgehend Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen – auch und vor allem im Straßengüterverkehr – ergriffen werden.“
Moderiert von Zentralverband-Präsident Alexander Friesz diskutierten im Anschluss Sebastian Kummer WU, Marko Jandrisits, ASFINAG, Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Peter Koren, Wolfram Senger-Weiss, Vorstandsvorsitzender Gebrüder Weiss, sowie Gastgeber Peter Umundum, Vorstand Österreichische Post AG, das Gesamtbild der Logistikinfrastruktur-Herausforderungen Österreichs.
Baustellenchaos gefährdet Funktionieren der Lieferketten
Bereits in den kommenden Monaten und über Jahre hinweg werden unkoordinierte, zeitlich einander überlappemde Sperren von zentralen Transportwegen auf Schiene und Straße zu Staus, enorm langen Auswegstrecken und Verkehrschaos führen und damit nicht nur die Versorgung von Wirtschaft und Bevölkerung behindern, sondern auch Umwelt und Klima schaden. Großbaustellen und zumindest teilweise Sperren auf den Brenner- und Tauernstrecken, der A8 München-Salzburg sowie Totalsperren der Deutschen Bahn in Bayern sind nur einige Beispiele. Wolfram Senger-Weiss: „Wir werden als Branche im Regen stehen gelassen. Jeder optimiert seine Situation ohne Abstimmung, das führt irgendwann zum Kollaps. Warum koordiniert die Politik nicht und warum will man etwa nicht einmal die Mehrkosten beschleunigter Baustellenarbeiten mit den Kosten kilometerlanger Staus mit tausenden Fahrzeugen gegenrechnen?“
Die Branche tritt einhellig für eine vorübergehende Aufhebung des LKW-Nachtfahrverbots als Sofortmaßnahme ein. Dadurch kann sich der Güterverkehr besser verteilen, Staus können reduziert werden und der Verkehrsfluss stabilisiert. Zudem wird eine ab sofort rechtzeitige Koordination zwischen Bund, Bundesländern, Nachbarländern, Straßenerhaltern und Bahnbetreibern gefordert, die mithilfe von Potenzialanalysen und Simulationen eine sinnvolle Staffelung von Bauarbeiten planen.
Peter Umundum: „Die Straßen- und Bahnbetreiber müssen künftig rechtzeitig auf uns zukommen, um die Baustellenplanung mit ihren Experten und jenen unserer Branche sinnvoll abzustimmen. Und die kommende Regierung muss endlich für eine Beschleunigung von Behördenverfahren sorgen“.